Manchmal dreht sich der Wind schnell: Noch im Spätsommer des vergangenen Jahres lehnte das Gros der Vorstände und Aufsichtsräte es vehement ab, sich bei seiner Arbeit von einem KI-Bot unterstützen zu lassen. Rund zwölf Monate später hat die Skepsis spürbar nachgelassen – zu diesem Befund kommen Stanislav Shekshnia und Valery Yakubovich.
Shekshnia ist Senior Affiliate Professor an der französischen Business School Insead, Yakubovich Executive Director des Mack Institute for Innovation Management. Gemeinsam haben sich die beiden Wissenschaftler nicht nur angeschaut, wie sich künstliche Intelligenz im Topmanagement sinnvoll einsetzen lässt, sondern auch, worauf es dabei ankommt. In der aktuellen Ausgabe des Harvard Business managers stellen sie ihre wichtigsten Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen vor. Hier eine kleine Sneakpreview:
Verbessern Sie Ihre Entscheidungsgrundlagen Boardmitglieder arbeiten in Teilzeit. Sie kommen meist viermal im Jahr zusammen und sitzen häufig gleich in mehreren Aufsichtsgremien. Wenig überraschend also, dass sie kaum etwas über die Betriebsabläufe in den von ihnen kontrollierten Unternehmen wissen – trotzdem müssen sie weitreichende Entscheidungen treffen. Künstliche Intelligenz kann die Lage spürbar verbessern, denn Tools wie Claude oder ChatGPT helfen, Muster und Trends zu erkennen, die bei händischer Analyse leicht übersehen werden. Vor allem aber seien die Bots in der Lage, so die Autoren, komplexe Informationen klar und verständlich aufzubereiten – und könnten allein dadurch die Arbeit von Aufsichtsräten erheblich erleichtern.
Spielen Sie Szenarien durch Viele Expertinnen und Experten halten es für sinnvoll, strategische Debatten an künftigen Entwicklungen auszurichten statt am Status quo. Dennoch nutzen nur wenige Aufsichtsräte echte Szenarioplanung und ‑analyse – meist aus Zeitgründen. Hier kann künstliche Intelligenz unterstützen, argumentieren die Autoren: KI‑Systeme arbeiten deutlich schneller als menschliche Fachleute, wenn es darum geht, die Auswirkungen bestimmter Variablen auf den Geschäftserfolg zu modellieren und durchzurechnen.
Hinterfragen Sie Entscheidungen Einige Aufsichtsgremien nutzen KI, um Entscheidungen zu hinterfragen und mit der Realität abzugleichen. Ein Teilnehmer einer Fokusgruppe berichtete den Wissenschaftlern von einer Klausurtagung im Jahr 2024: Zwei Tage lang diskutierten Aufsichtsrat und Management die Unternehmensstrategie und spielten verschiedene Szenarien durch. Anschließend speisten sie ihre Unterlagen in ChatGPT ein und fragten nach der besten Option. Das Sprachmodell kam zu ähnlichen Ergebnissen wie Aufsichtsrat und Management – und bestärkte sie damit in ihren Beschlüssen.
Mancherorts ist KI bereits fester Bestandteil der Aufsichtsgremien. Beim größten börsennotierten Unternehmen der Vereinigten Arabischen Emirate, IHC, fungiert „Aiden Insight
“ seit 2024 als Beobachter des Boards. Das System kombiniert unternehmensspezifische Daten mit den Fähigkeiten eines großen Sprachmodells, um Sitzungen vorzubereiten und aktiv zu begleiten. Aiden verfolgt die Diskussionen, liefert relevante Datenpunkte, filtert die wesentlichen Aspekte heraus und gibt Einblicke sowie Empfehlungen. Ein Stimmrecht hat die KI nicht – ihre Beiträge fließen jedoch in das offizielle Sitzungsprotokoll ein.
Neugierig, welchen Beitrag KI darüber hinaus zur Unternehmensführung leisten kann oder ob sie auch in Ihrem Führungsteam quasi „Mitglied“ werden sollte? Dann empfehle ich Ihnen unseren Artikel
„Unser Sparringpartner heißt Claude“ (HBm+).
Ich wünsche Ihnen einen schönen Mittwoch! Christiane Sommer
manager magazin new media GmbH & Co. KG Ein Unternehmen der manager magazin Verlagsgesellschaft mbH Ericusspitze 1 20457 Hamburg Telefon: 040 38080-333
Sitz und Registergericht Hamburg, HRB 112 086 Umsatzsteuer-ID-Nummer DE 269 1300 94