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Strategie zum Frühstück
Mittwoch, 26. November 2025

Strategie zum Frühstück

Das Update für Ihre Strategie
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Christiane Sommer
Liebe Leserin, lieber Leser.

Dass mir mein Beruf so großen Spaß macht, hat viele Gründe. Zu den wichtigsten zählt, dass er es mir ermöglicht, viele interessante Menschen zum Gespräch zu treffen. Zu den Highlights im vergangenen Jahr gehörte das Interview mit Managementvordenker Gary Hamel, das ich zusammen mit meinem Kollegen Dietmar Palan geführt habe. Wir waren so fasziniert von Hamels Ideen zur Unternehmensführung ( hier geht es zu unserem Interview (HBm+)), dass wir wissen wollten, wie es aussieht, wenn aus Theorie Praxis wird.

Einer der wenigen CEOs, die den Mut haben, die weitreichenden Ideen des renommierten Managementprofessors in der Praxis umzusetzen, ist Bill Anderson von Bayer. Reporter Dietmar Palan kennt den Traditionskonzern aus Leverkusen gut – er begleitet das Wohl und Wehe des Unternehmens für unser Schwesterblatt manager magazin seit Jahren: Anderson ist bereits der vierte Bayer-Chef, dessen Kurs er journalistisch verfolgt. In der aktuellen HBm-Titelgeschichte beschreibt Dietmar, wie der Texaner den Konzern radikal umbaut – mit dem Ziel, Bayer zum führenden Life-Science-Unternehmen der Welt zu machen. Dabei geht es um:

  • Die Neuausrichtung einer über 80 Länder verstreuten und 100.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen starken Organisation.

  • Die Verkleinerung einer auf gut 17.000 Köpfe angewachsenen Kaste von Führungskräften.

  • Die Auflösung einer auf Kommando und Kontrolle ausgelegten Konzernbürokratie.

  • Den Abriss einer auf zwölf Ebenen gebauten Hierarchiepyramide.

  • Die Konstruktion eines von überflüssigem Zierrat befreiten Organigramms.

  • Den Aufbau eines Netzwerks agil aufgestellter, flexibel operierender Start-up-ähnlicher Einheiten.

  • Ein vollkommen anderes Rollenverständnis von Managern und Managerinnen sowie komplett neu ausgeschilderte Karrierepfade für die gesamte Belegschaft.

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Das sind Andersons neue Regeln für Bayer

Vieles, was die alte Bayer-Welt prägte, gehört inzwischen der Vergangenheit an. Aber CEO Bill Anderson setzt weiter auf Tempo. Bis Ende 2026 – so seine eigene Vorgabe – soll die neue Organisationsstruktur vollständig stehen. Schon jetzt hat sein Team viel erreicht. Das sind die wichtigsten Neuerungen:


99 Prozent der alten Vorschriften gelten nicht mehr

„Das Rückgrat des früheren Bayer-Konzerns war eine 1362 Seiten starke, auf 84 Grundregeln verdichtete Gebrauchsanweisung – der sogenannte Margo-Katalog (für: Management Regulation Online)“, schreibt Dietmar. Diese Regelsammlung definierte jedes Detail der Zusammenarbeit, von der Vorstandshierarchie bis zu Unterschriftsvollmachten. Anderson hat das starre Regelwerk durch einen nur 14 Seiten schlanken, luftig illustrierten Code of Conduct ersetzt.

Gleiche Regeln für alle
Bei Bayer heißt es nun: Gleiche Regeln für alle. Die Teams im Konzern agieren mittlerweile weitgehend autonom. Sie entscheiden eigenverantwortlich über Budget und Personal und sind crossfunktional aufgestellt.

Teams setzen ihre Ziele selbst
Die Bayer-Teams setzen ihre Ziele selbst und arbeiten diese in 90-Tage-Zyklen ab – unabhängig von den üblichen Quartalsberichten an den Kapitalmärkten. Dabei justieren sie laufend Ressourcen- und Personalbedarf, beheben Fehlentwicklungen, optimieren Abläufe und passen ihre Ziele an die Marktgegebenheiten an, so Dietmar. Dieser Dreimonatsrhythmus gilt einheitlich – von der untersten Hierarchieebene bis hin zum Vorstand.

Strategische Leitplanken ersetzen detaillierte Vorgaben
Der gravierendste Unterschied zum Ancien Régime aber ist: Die Unternehmensspitze und die Leitungsteams der Divisionen geben keine starren Vorgaben mehr vor, sondern setzen übergeordnete Rahmenbedingungen. Die Übersetzung in konkrete operative Ziele liegt nun weitgehend in der Verantwortung der Fachteams vor Ort.

Weniger Macht für die Zentralfunktionen
Die klassischen Zentralbereiche wie Vertrieb, IT, Produktion und Marketing spielen eine deutlich kleinere Rolle. Stattdessen sind die Arbeitseinheiten als marktnahe Kunden- und Produktteams organisiert, die von Technik- und Infrastrukturteams unterstützt werden. Bill Anderson reduziert damit Strukturen und Funktionen, verlagert Kompetenzen und Entscheidungsgewalt konsequent nach unten und verdichtet Planungs- sowie Kontrollprozesse auf das unbedingt Notwendige. Auch beim Budget setzt er auf neue Spielregeln: Es gibt nur noch einen übergeordneten Etat, dessen Verteilung die operativen Teams eigenständig aushandeln.

Andersons Botschaft, die hinter all dem steht, ist so simpel wie verführerisch: Direkte Entscheidungen auf operativer Ebene schaffen Freiräume für produktive Arbeit, senken die Kosten und erhöhen die Effizienz – eine verlockende Perspektive in einem bislang stark regulierten Konzernumfeld.

Ob dieses ambitionierte Managementexperiment gelingt, bleibt spannend und ist schon jetzt ein viel beachtetes Vorbild, das andere Unternehmen mit Interesse verfolgen. Ich kann Ihnen Dietmar Palans Artikel Das größte Managementexperiment aller Zeiten (HBm+) jedenfalls nur wärmstens ans Herz legen, damit Sie sich selbst ein Bild machen können. Er ist nicht nur exzellent recherchiert und geschrieben: Er ist ein echtes Lehrstück für all jene, die schon immer mal wissen wollten, wie Management fürs 21. Jahrhundert aussieht.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Mittwoch!
Christiane Sommer

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PS: „Strategie zum Frühstück“ geht in die Winterpause. Die nächste Ausgabe erscheint am 7. Januar 2026. Danach wieder wie gewohnt alle zwei Wochen.

PPS: Am 4. Dezember laden wir unsere Abonnentinnen und Abonnenten zum digitalen Community-Talk HBm live ein. Das Thema: Abfindungen. Die Outplacement-Beraterin Nane Nebel wird bei der Veranstaltung die Tipps und Tricks verraten, mit denen ihre Mandanten sich den Abschied vergolden. Hier geht es direkt zum Event.

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