Wenn Sie mit Freunden fachsimpeln oder sich damit befassen, wie Sie fitter werden auf dem Rad, kommen Sie an Begriffen wie Grundlagenausdauer, Kraftausdauer und Intervalltraining nicht vorbei. Letzteres ist mit Sicherheit eine der effektivsten Trainingsformen für den Leistungsboost im Radsport. Gezielte Intervalle können Ausdauer, Kraft und Geschwindigkeit verbessern.
Für mich sind Intervalle aus meinem Trainingsalltag nicht mehr wegzudenken. Die verschiedenen Arten sorgen nicht nur für Abwechslung, sondern auch für immer neue Trainingsreize. Bei mir stehen sie darum wöchentlich auf dem Plan – je nach Phase im Trainingskalender an drei bis vier Tagen, manchmal auch nur einmal pro Woche, um nicht immer denselben Rhythmus zu haben.
Warum die Methode so effektiv ist, für wen sie sich eignet und wie Intervalltraining ein sinnvoller Bestandteil Ihres Trainingsalltags werden kann – dazu möchte ich Ihnen heute ein paar Einblicke geben.
Mehr Ausdauer, höhere Belastungsgrenzen
Intervalltraining wechselt zwischen intensiven Belastungs- und Erholungsphasen. Die Trainingsmethode ist besonders effektiv, weil sie den Körper auf Spitzenleistungen vorbereitet und gleichzeitig die Erholungsfähigkeit verbessert. Zudem sparen Sie Zeit: In weniger Trainingsstunden kann man dieselben oder sogar bessere Ergebnisse erzielen als bei lang andauernden, gleichmäßigen Belastungen.
Hobby oder Wettkampf: Wählen Sie Intervalle je nach Ziel
Auch wenn es im Profisport verbreitet ist – Intervalltraining eignet sich für (fast) jeden, ob Hobbyfahrer oder ambitionierter Wettkampfathlet. Allerdings unterscheiden sich Art und Intensität der Intervalle je nach Ziel.
Als Anfänger oder Freizeitfahrer sollten Sie sich auf kürzere Intervalle und moderate Intensitäten konzentrieren. Ziel ist es, die Grundausdauer zu verbessern, ohne den Körper zu überlasten.
Ambitionierten Hobbysportlern empfehle ich intensivere Intervalle, um die VO2max, also die maximale Sauerstoffmenge, die Ihr Körper während intensiver Belastung aufnehmen und verwerten kann, zu steigern. Der Wert ist ein wichtiger Indikator für die Ausdauerleistungsfähigkeit, also die Fähigkeit, körperliche Belastungen über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten. Es geht letztlich darum, die Ermüdung hinauszuzögern. Gleichzeitig verbessern Sie durch die intensiveren Intervalle Ihre Kraftausdauer.
Und für Fahrer mit Wettkampfambitionen: Je nachdem ob Sie für ein Zeitfahren, ein Langstreckenrennen oder eine Bergetappe trainieren, sollten Sie die Intervalle anpassen, um die spezifischen Anforderungen der Wettkampfdisziplin zu trainieren. Um zum Beispiel Bergetappen besser zu meistern, empfehlen sich in der Regel kürzere Intervalle (fünf bis acht Minuten) im hochintensiven Bereich oberhalb der Schwellenleistung (gefühlte Anstrengung: acht von zehn). Dagegen sollten Sie für ein Langstreckenrennen eher den Ausdauerbereich erweitern. Dann trainieren Sie längere Intervalle (15 bis20 Minuten) im weniger intensiven Bereich knapp unter der Schwelle (gefühlte Anstrengung: fünf bis sechs von zehn).
So gelingt der Einstieg am besten
Statt einfach loszuradeln, ist es sinnvoll, den Einstieg ins Intervalltraining sinnvoll zu planen und auf das individuelle Leistungsniveau abzustimmen. Eine wichtige Voraussetzung ist eine bereits vorhandene, solide Grundlagenausdauer. Also schaffen Sie, wenn nötig, zuerst eine Basis, damit ihr Körper bereit ist für intensive und belastende Intervalle.
Für ein zielgerichtetes und effektives Training rate ich zudem jedem, eine Leistungsdiagnostik durchführen zu lassen. Geeignete Anbieter oder Sportlabore finden Sie in jeder größeren Stadt – am besten fragen Sie im Radgeschäft Ihres Vertrauens nach einer Empfehlung oder informieren sich online. Dadurch erhalten Sie genaue Informationen über Ihre individuellen Trainingsbereiche, egal ob Sie nach Herzfrequenz oder nach Wattwerten trainieren. Das hilft Ihnen dabei, die Intensität der Intervalle optimal anzupassen und sicherzustellen, dass Sie in den richtigen Bereichen trainieren. Trainieren Sie in den falschen Bereichen, laufen Sie Gefahr, entweder nicht den gewünschten Effekt zu erzielen oder ins Übertraining zu geraten und Ihrer Fitness eher zu schaden.
Alternativ finden Sie im Internet zahlreiche Anleitungen, wie Sie einen FTP-Test (Functional Threshold Power) auch selbst durchführen können – zum Beispiel mit einem CP-20-Test (Critical-Power 20 Minuten). Die Ergebnisse sind zwar nicht hundertprozentig genau, geben Ihnen aber eine gute erste Orientierung!
Verschiedene Intervallstrukturen: kurz, lang, Sweetspot
Mein Tipp: Beginnen Sie mit kürzeren Intervallen, zum Beispiel 30 Sekunden intensive Belastung gefolgt von ein bis zwei Minuten Erholungsphase. Steigern Sie die Intensität und Dauer der Intervalle schrittweise, um Überlastung zu vermeiden. Ein bis zwei Intervalleinheiten pro Woche sind ideal, um Fortschritte zu machen. An Tagen, an denen Sie keine Intervalle fahren, können Sie sich auf Ihr Grundlagenausdauertraining konzentrieren. Das heißt, Sie fahren in einem moderaten Tempo, bei dem Sie sich noch unterhalten können.
Nehmen wir mal den Hobbysportler. Für ihn bieten sich folgende Intervallstrukturen an:
Kurzintervalle: 30 Sekunden mit Stufe 9 bis 10 (fast maximale Leistung) gefolgt von einer Minute auf Stufe 2 bis 3 (lockere Erholung). Dies trainiert Ihre Fähigkeit, kurze Anstiege oder Sprints zu meistern.
Lange Intervalle: Fünf Minuten auf Stufe 6 bis 7 (an der Schmerzgrenze, aber noch durchhaltbar), gefolgt von zwei Minuten auf Stufe 2 bis 3. Diese Art von Intervallen verbessert Ihre Laktatschwelle (der Punkt im Stoffwechsel, an dem der Körper schneller Laktat produziert, als er es abbauen kann) und ermöglicht es Ihnen, länger hohe Leistungen zu bringen.
Sweetspot-Intervalle: Zehn Minuten auf Stufe 5 bis 6 (solider Druck auf dem Pedal, aber noch Unterhaltung möglich), gefolgt von fünf Minuten Erholung. Ideal, um die Ausdauer zu verbessern, ohne den Körper zu stark zu belasten.
Einen vorgefertigten Trainingsplan finden Sie im Internet bei diversen Anbietern wie Zwift.com, Garmin.com, Trainingspeaks.com oder anderen Plattformen. Diese geben in der Regel in einer guten Struktur vor, welche Intervalle in welcher Form für welches Ziel sinnvoll sind.
Ideal auf der Rolle oder ruhiger Straße
Stellt sich noch die Frage, wo man das Training am besten durchführt: auf der Rolle oder draußen? Beide Varianten haben ihre Vorteile.
Intervalltraining auf der Rolle ist ideal, weil Sie sich ohne Ablenkungen auf die Intensität und Struktur konzentrieren können. Die gleichmäßigen Bedingungen machen es einfacher, genaue Leistungsbereiche zu treffen – das ist gerade für den Einstieg gut geeignet, wenn etwas mehr Konzentration erforderlich ist.
Intervalltraining im Freien ist natürlich die schönere Variante. Wann immer möglich und das Wetter dafür gut ist, fahre ich meine Intervalle im Freien. Mit der Zeit habe ich meine Lieblingsstrecken gefunden und fahre 15-Minuten-Intervalle am Berg in einer anderen Gegend als die kurzen Fünf-Minuten-Intervalle. Oft kehre ich dann für dieselben Intervalltypen an denselben Ort zurück. Falls Sie sich auch für draußen entscheiden, möchte ich Ihnen Straßen ohne viel Verkehr ans Herz legen. Auf denen kann man im Gegensatz zu Gravel-Wegen die Leistung besser konstant halten. Für ein Zehn-Minuten-Intervall am Sweetspot brauchen Sie eine geeignete Strecke, die nicht von fünf Ampeln gestört wird!
Auf das Rad, fertig, los!
Ich hoffe, damit konnte ich Sie motivieren. Gerade jetzt, wenn es auf den Herbst und Winter zugeht, ist eine gute Zeit, um neue Trainingsmethoden für die Vorbereitung auf das nächste Jahr auszuprobieren!
In diesem Sinne: Starten Sie durch!
Ihr Ulrich Bartholmös
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