Die Automesse in Peking öffnet heute ihre Türen. Mein Kollege Christoph Seyerlein hat sich die letzten Tage bereits in Peking umgesehen (m+)
und umgehört. Sein Eindruck: Deutsche Autos sind im Straßenbild durchaus präsent – nur haben sie fast nie ein grünes Kennzeichen. Sie sind also in den allermeisten Fällen weder Elektroauto noch Plug-in-Hybrid.
Deutsche nur mit Verbrennungsmotor: Auf Pekings Straßen mangelt es nicht an deutschen Autos. Aber kaum eines trägt ein grünes E-Auto-Kennzeichen
manager magazin
Dabei überholen die "NEVs" (New Energy Vehicles) wahrscheinlich bereits in diesem Jahr die Verbrenner in den chinesischen Verkaufscharts. Den knüppelharten Kampf um Marktanteile dominiert auch vom subjektiven Blick auf die Straße: BYD. Die deutschen Verbrennerkönige hoffen derweil, dass nun das große Aussieben unter den unzähligen chinesischen Angreifern beginnt – und dass ihre Verbrennergewinne sie lange genug durch diese Phase navigieren.
Im Rest der Welt geht die Transformation zur E-Mobilität verglichen damit zwar gerade quälend langsam voran. Aber es gibt Aussicht auf mehr Batteriezellen und einen mysteriösen Billig-Tesla. Hier sind unsere Themen der Woche:
Wann Northvolt in Deutschland Batterien bauen will
Wieso BMW, Audi und Porsche kein Nachwuchsproblem haben
Wie Elon Musk Teslas Schwäche überspielt
Warum Autooligarch Sigi Wolf vom Glück verlassen zu sein scheint
Topthema: Northvolts Börsenchance
Börsenfenster im Blick: Northvolt-Chef Peter Carlsson
Jewgeni Roppel / manager magazin
Der Schwede Peter Carlsson (53) ist die große Hoffnung der europäischen Autoindustrie. Mit seiner Firma Northvolt plant er etwa 20 Milliarden Euro in den Aufbau einer europäischen Zellfertigung zu stecken. Mein Kollege Michael Freitag hat mit ihm in einem sehr offen geführten Interview unter anderem darüber gesprochen, ab wann er Audi und Porsche beliefern will (nämlich 2025) und warum es so lange dauert, seine Fabriken in Skellefteå in Nordschweden und im schleswig-holsteinischen Heide ans Laufen zu bekommen – und Carlsson erklärt auch,
wieso es für Northvolt noch 2024 an die Börse gehen könnte. (m+)
Köpfe: Ilka Horstmeier ++ Federico Magno ++ Florian Huettl
Knallharte Seriensiegerin: BMWs Personalvorständin Ilka Horstmeier ist seit ihrem Antritt 2019 nicht für sanfte Personalpolitik bekannt. Trotzdem wollen Akademiker seit Jahren bevorzugt für BMW arbeiten
IMAGO/Saquan Stimpson / IMAGO/ZUMA Wire
„Für Erfolg gibt es kein Abo“, sagt BMWs Personalvorständin Ilka Horstmeier (54). Allerdings lässt die Beliebtheit des Autoherstellers als Arbeitgeber daran Zweifel aufkommen: Dem Berliner Marktforschungsinstitut Trendence zufolge ist er – wie jedes Jahr seit 2012 –
die beliebteste Adresse für junge Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure (m+), was vielleicht nicht allein Horstmeiers Verdienst ist, ihr aber viel Auswahl bei den Bewerbungen verschafft. Auf Platz zwei und drei liegen übrigens Audi und Porsche.
Apropos: Porsche verschiebt Spitzenpersonal zwischen seinen beiden Beratungstöchtern. Die 5000 Mann starke IT-Beratung MHP wird ab Mai von Federico Magno
(52) geführt, bisher in der Geschäftsführung der Prozess- und Strategieberatung Porsche Consulting. Porsche hatte zu Jahresbeginn auch die letzten MHP-Anteile von Gründer Ralf Hofmann (60) übernommen und will die Firma in den kommenden Jahren deutlich vergrößern. Manche Munkeln: mit Porsche Consulting fusionieren.
Opel-Chef Florian Huettl (47) spricht sich für eine neue E-Auto-Förderung aus. Es sei sinnvoll, wenn Regierungen in einer Hochlaufphase Kaufanreize setzten. Opel will ab 2028 hundert Prozent E-Autos verkaufen – und daran auch unabhängig von der Politik festhalten. „Wir halten ganz klar an unserem Plan fest, auch was die Geschwindigkeit betrifft.“
Brodelnd in Beijing: VW-Chinachef Ralf Brandstätter versucht, dürre Zeiten als kein Problem darzustellen
Jan Philip Welchering für manager magazin
Volkswagens Chinachef Ralf Brandstätter (55) ist in Peking gerade im Großeinsatz (siehe oben). Er versucht, Journalisten und Investoren rund um die Auto Show seine Rettungsmission zu erklären. VW stünden auf dem wichtigsten Markt zwei harte Jahre bevor, gestand er meinem Kollegen Christoph Seyerlein. Sein Produktchef wählte noch drastischere Worte, aber lesen Sie selbst:
Volkswagens Nervosität auf dem "Schlachtfeld" China (m+).
Daheim in Wolfsburg herrscht indes Sparzwang – was sich der Konzern erstmal einiges kosten lässt: Bis zu 455.000 Euro können selbst Angestellte unterhalb des Managements bekommen, die freiwillig gehen und VW-Markenchef Thomas Schäfer
(54) so indirekt helfen, 20 Prozent Personalkosten zu sparen. Über bis zu 50.000 Euro „Turboprämie“ für Schnellentschlossene hatten wir vergangene Woche schon berichtet, aber inzwischen wissen die Mitarbeiter auch, dass die Spanne von 17.700 Euro bis zu einer knappen halben Million reicht (m+).
Vinfast hat einen ebenso reichen wie ehrgeizigen Chef. Pham Nhat Vuong
plant von Vietnam aus die E-Auto-Welt aufzumischen, ließ Autos von Pininfarina stylen und kündigte eine US-Fabrik für 4 Milliarden Dollar an. Doch von der Fabrik sei noch immer nichts zu sehen, schreibt das US-Portal Hunterbook nach zwei Jahren Baustellenbeobachtung
. Von den 3118 im Jahr 2023 in die USA importierten Wagen seien nur 265 ausgeliefert worden. Und von den 35.000 weltweit verkauften Wagen seien 70 Prozent an Firmen gegangen, die Vinfast-Chef Pham Nhat Vuong gehören, was 90 (!) Prozent des Konzernumsatzes ausgemacht habe.
Der Online-Teilehändler Autodoc besorgt sich drei Jahre nach einem gescheiterten Börsengang auf anderen Wegen Geld. Der US-Finanzinvestor Apollo erwerbe zusammen mit anderen Investoren eine Minderheitsbeteiligung, meldete Autodoc am Mittwoch. Das 2008 gegründete Unternehmen werde dabei mit 2,3 Milliarden Euro bewertet.
General Motors profitiert vom aktuell stockenden E-Auto-Verkauf: Der Verkauf lukrativer Verbrenner-Modelle brachte im ersten Jahr ein unerwartetes Umsatzplus von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 43 Milliarden Dollar.
Von wegen Inflation. Volvo Cars
will im ersten Quartal von niedrigeren Materialkosten profitiert haben. Zusammen mit einem Absatzplus kam die schwedische Geely-Tochter so auf acht Prozent Plus beim Betriebsergebnis des Kerngeschäfts. Umgerechnet 590 Millionen Euro blieben hängen.
Mehr Mobilität: GDL ++ Deutsche Bahn ++ OHB ++ Shimano
Gespräche im Hintergrund: Bei der Einigung im Bahnstreik lotete die Bundespolitik einen Kompromiss mit Gewerkschaftschef Claus Weselsky aus
FILIP SINGER / EPA
Das halbe Land atmete auf, als die Deutsche Bahn nach Ostern plötzlich still und leise mit der Lokführer-Gewerkschaft GDL und deren Vorsitzendem Claus Weselsky (65) einen neuen Tarifvertrag vereinbarte. Weselsky, der vor der Rente steht, wird voraussichtlich nie wieder einen Bahnstreik anzetteln können. Mein Kollege Michael Machatschke hat nun herausgefunden, wie Aufsichtsratschef Werner Gatzer (65) im Hintergrund vermittelte –
unter anderem, indem er Weselsky von einer Schadensersatzforderung in Millionenhöhe an ganz anderer Stelle befreite. (m+)
Seit dem Niedergang von Hafen und Werften sucht Bremen nach einer Industrie von Weltrang, und hat da vor allem ein Ass im Ärmel: Raumfahrt. In diesem Sommer will die lokale OHB auf der Nordsee testweise kleine Raketen verschießen, sagt Firmenchef Marco Fuchs (61). US-Investor KKR
hofft derweil auf die letzten drei ausstehenden staatlichen Genehmigungen für seinen Einstieg, an dessen Ende OHB von der Börse genommen werden soll.
Russland-Versteher:Siegfried Wolf (rechts) im Gespräch mit dem Oligarchen Oleg Deripaska
ITAR-TASS / IMAGO
Wer sich Siegfried Wolf (66) nähert, betritt eine merkwürdige Zwischenwelt: Der Österreicher bandelte mit VW und mit Opel an, kumpelte mit Betriebsräten genau wie mit Oligarchen, ist Trauzeuge von Wolfgang Porsche (80), Ordensträger von Wladimir Putin (71) und Exfreund von Katarina Witt
(58). Über Jahre hat er mit dieser Anschlussfähigkeit Strippen gezogen in der deutschen, russischen und österreichischen Auto- und Zulieferindustrie. Und der passionierte Jäger ist zum einflussreichen Ratgeber von zwei der mächtigsten Autoclans Deutschlands geworden: der Schaefflers und der Porsches. Mein Kollege Claas Tatje hat sich intensiv mit ihm beschäftigt und erklärt,
wie jemand wie Wolf in Zeiten von Compliance und Sanktionen immer noch so hofiert werden kann (m+). Was er aber auch schreibt: Wolf könnte seine sieben Leben gerade aufgebraucht haben. In Österreich werden zwei Strafverfahren gegen ihn geführt, und mindestens eins davon könnte ihn ins Gefängnis führen. Wolf selbst hält sich natürlich für unschuldig.
Zahl der Woche: Teslas 2,5-Milliarden-Loch
Wenn Cash King ist, dann hat Tesla ein Problem. Minus 2,5 Milliarden Dollar betrug der Free Cashflow im ersten Quartal, das in jeder Hinsicht eine noch schlimmere Katastrophe war als befürchtet: minus 9 Prozent Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal; minus 56 Prozent beim operativen Ergebnis; eine operative Marge mit 5,5 Prozent unterhalb deutscher Autobauer. Tesla-Chef Elon Musk (52) konterte die harten Zahlen mit dem üblichen Illusionstheater:
Für das kommende Jahr versprach er den lange erwarteten Einstiegs-Tesla – wenngleich das wohl eher ein zusammengesetzter Zwitter aus dem aktuellen Model 3/Model Y und Teilen des erst halbfertig entwickelten Einstiegsmodells wird. Dem Aktienkurs half's.
Geisterfahrer der Woche
Viel Kilometergeld: Bei einer Überführungsfahrt in Stuttgart verunglückter Ferrari
Andreas Rometsch / KS-Images.de / dpa / picture alliance
Weltweite Berühmtheit erlangte diese Woche ein namentlich ungenannter 24-jähriger Angestellter der Firma Mechatronik, der einen Ferrari F40 vom Firmengelände zu einem Verkaufsraum überführen sollte. Der 1315-mal hergestellte Supersportler ist das letzte von Firmengründer Enzo Ferrari entwickelte Auto, eine Markenikone und im konkreten Fall für 2.995.000 Euro zu kaufen – gewesen, muss man sagen.
Kein Automobil-Fachmedium der Welt ließ sich die Fotos des Renners entgehen, nachdem der unglückliche Fahrer mit ihm zunächst die linke und dann die rechte Wand eines Tunnels touchiert hatte. Die gute Nachricht: Der Mann blieb unverletzt und behielt auch seinen Job. Und auch: Ferrari kann alle Ersatzteile liefern. Die schlechte: Jedes einzelne kostet so viel wie ein Kleinwagen, mindestens.
Sie werden besser durch ihre Woche kommen! Und freuen Sie sich schon auf die kommende: Dann liefert ihnen Newsletter-Stammautor Christoph Seyerlein – frisch zurück aus Peking – noch einmal seine tiefere Analyse der Situation in China.
Ihr Henning Hinze
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