Autos verkaufen war gerade noch eine erquickliche Aufgabe. Als Teile fehlten und Fahrzeuge Mangelware waren, mussten Käuferinnen und Käufern hohe Preise schlucken. Ein Traum für die Branche. Inzwischen sind die Überkapazitäten zurück, das Angebot übersteigt die Nachfrage. Und 2025 kommt es ganz dick: Schärfere CO2-Vorgaben in der EU lassen einen Preiskampf im ohnehin schwierigen Geschäft mit Elektroautos erwarten.
Der Autovertrieb wird zum Milliardenrisiko. Und das in Zeiten, da immer mehr Automobilhersteller mithilfe von Agenturmodellen und Co. eigentlich von enormen Verbesserungen träumten. Was nun? Darüber wollen wir mit einem der renommiertesten Vertriebler in Deutschlands Autoindustrie sprechen. Am 3. Dezember um 18 Uhr wird Jürgen Stackmann (63), ehemaliger Seat-CEO und VW-Vertriebsvorstand, unser Gast bei „manage:mobility live“ sein. Unsere Abonnentinnen und Abonnenten können bei der digitalen Diskussion dabei sein und ihre Fragen stellen. Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen.
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[M] Jann Höfer / manager magazin
Nicht nur, aber auch um den Autovertrieb geht es in unseren Themen der Woche:
Warum Schaeffler in eine schwierige Zukunft steuert.
Wieso die Agenturvertriebsmilliardenträume von Volkswagen, Stellantis und Co. wanken.
Wie Betriebsrat und IG Metall VW-Werke retten wollen.
Thema der Woche: Warum Schaeffler in eine schwierige Zukunft steuert
Schweres Erbe: Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler in der Herzogenauracher Firmenzentrale zwischen den Porträts seines Onkels Wilhelm (l.) und seines Vaters Georg
Daniel Vogl / F.A.Z.-Foto
Ende Oktober reckte Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler (60) mit schaefflergrüner Krawatte inmitten von Dutzenden Auszubildenden seinen Daumen in die Höhe. „Wir sind spitze!“ sollte das wohl heißen. Die Realität bei Schaeffler, dem Automobilzulieferer aus dem fränkischen Herzogenaurach, sieht freilich anders aus. Anfang November kündigte der Zulieferer den Abbau von 4700 Stellen an. Die Übernahme des Antriebsspezialisten Vitesco kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schaeffler in den letzten Jahren viele Chancen verpasst hat. Georg Schaefflers Alter Ego, CEO
Klaus Rosenfeld (58), muss sanieren, im Unternehmen herrscht deshalb Alarm. Mein Kollege Claas Tatje ist tief eingetaucht und beschreibt, warum Schaeffler in eine schwierige Zukunft steuert (m+).
Köpfe: Britta Seeger ++ Imelda Labbé ++ Mary Barra ++ Donald Trump
„Die Effekte werden groß sein“: Mercedes-Vertriebsvorständin Britta Seeger hält am Agenturvertrieb fest
Matthias Balk / dpa / picture alliance
Zu Teslas Erfolgsrezept gehört der Direktvertrieb. Alles einfach, (fast) alles digital und alles supergünstig für den Hersteller. Auch die Vertriebler von Mercedes, Volkswagen, BMW oder Stellantis
träumen davon. Einen derart radikalen Ansatz wie Tesla, komplett ohne Händler, trauen sie sich zwar nicht zu. Eine Zwischenstufe aber sehr wohl: den Agenturvertrieb. Dabei ziehen die Hersteller den Verkauf stärker an sich, Händler sind nur mehr Vermittler. Besonders konsequent ging dabei bisher Mercedes vor. Vertriebsvorständin Britta Seeger (55) ist überzeugt: „Die Effekte werden groß sein.“ Mancher Kollege hadert dagegen mit der Agentur: Škoda und VW Nutzfahrzeuge zogen jüngst zurück, bei Stellantis herrschte nach ersten Versuchen Ernüchterung. Hier erfahren Sie,
wieso die Milliardenträume im Autovertrieb wanken (m+).
Mit Freud und Leid einer Agentur ist Imelda Labbé (57) bestens vertraut, immerhin war sie bis Juli 2024 Vertriebsvorständin von VW Pkw. Jetzt steht die Managerin vor einer neuen Herausforderung: Am 4. Dezember will der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller Labbé zur
neuen Präsidentin küren.
Ihre Karriere begann Labbé einst bei General Motors. Der US-Hersteller war zuletzt im Aufwind, CEO Mary Barra (62) konnte im letzten Quartal mit Milliardengewinnen glänzen. Bequem will Barra deshalb allem Anschein nach nicht werden. GM müsse schneller werden, beim Autobauer
fallen deshalb 1000 Stellen weg.
Für völlig neue Spielregeln in den USA wird Donald Trump (78) sorgen, wenn er im kommenden Jahr wieder als Präsident übernimmt. Im Automobilsektor will Trump Insidern zufolge die Klimaschutzmaßnahmen seines Vorgängers Joe Biden (82) streichen. Zieht Trump durch, dürfte das
den Umstieg auf Elektroautos ausbremsen.
Unternehmen: Volkswagen ++ Ford ++ Northvolt ++ Hyundai ++ Tesla
Wollen das Schlimmste verhindern: IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger und Volkswagens Betriebsratschefin Daniela Cavallo
Alicia Windzio / dpa
Am Donnerstag treffen sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter von VW zur nächsten Tarifverhandlungsrunde. Im Vorfeld legten Betriebsrat und IG Metall einen „Masterplan“ vor, wie aus ihrer Sicht Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden könnten. Die Beschäftigten müssten bei entsprechenden Garantien vom Vorstand vorerst auf eine Gehaltserhöhung verzichten, skizzierten Betriebsratschefin Daniela Cavallo (49) und IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger
. Rücke das Topmanagement nicht von seinen „Maximalforderungen“ ab, drohe ein Arbeitskampf, „wie ihn diese Republik seit Jahrzehnten nicht erlebt hat“.
Die VW-Pkw-Spitze tummelte sich derweil in den USA. Markenchef Thomas Schäfer (54) ließ sich mit seinen Vertriebs- und Entwicklungsvorständen Martin Sander (57) und Kai Grünitz (47)
bei Burger und Fritten ablichten. Hommage an oder Parodie auf Donald Trump (78) und Elon Musk (53)
? Sei’s drum. Die Stippvisite nutzte die Delegation natürlich vor allem für geschäftliche Termine. Volkswagen tauscht, Kollege Michael Freitag hat schon vor Wochen darüber berichtet (m+), den US-Chef aus. Pablo Di Si (55) legt nach eigener Aussage eine „
wohlverdiente Wellnesspause“ ein, Kjell Gruner (57)löst ihn ab. Der war zuletzt bei Rivian, kennt sich aber auch im Volkswagen-Konzern aus: Zwischen Ende 2020 und Herbst 2023 leitete Gruner Porsches Nordamerikageschäft. Die
Porscheisierung (m+) des Konzerns, sie geht weiter.
Nicht nur bei VW, auch anderswo in Autodeutschland kracht es. Zum Beispiel bei Ford. Die ohnehin schon ordentlich eingedampfte Europaorganisation des US-Autobauers wird weiter schrumpfen. Bis Ende 2027 sollen rund 4000 Jobs wegfallen, 2900 davon in Deutschland.
In Köln steht jede vierte der 11.500 Stellen im Feuer.
Auch um den Batteriezellenhersteller Northvolt ist es schlecht bestellt. Insidern zufolge sollen die Schweden seit September wiederholt ihre wöchentlichen
Produktionsziele verfehlt haben. Kann die Rettung noch gelingen? Inzwischen liegt offenbar auch die Möglichkeit auf dem Tisch, Gläubigerschutz nach US-Recht zu beantragen.
Im weltweit größten Hyundai-Werk in Ulsan sind drei Menschen bei einem Autotest ums Leben gekommen. Medienberichten zufolge sollen sie in einer Testkammer erstickt sein. Die Behörden haben die Ermittlungen aufgenommen.
Seit Ende Februar besetzen Umweltaktivisten ein Waldstück in Grünheide und protestieren gegen das Tesla
-Werk. Jetzt löste die Polizei das Camp auf. Die Umweltaktivisten, die teilweise von Höhenrettern aus Baumhäusern geholt wurden, hätten wiederholt gegen Auflagen verstoßen und Straftaten verübt.
Mehr Mobilität: Wohnmobile, E-Transporter und Flugtaxis
Campercrash: Knaus Tabbert stellt die Produktion an mehreren Standorten ein
Armin Weigel / dpa
Während der Coronapandemie boomten Wohnmobile stärker denn je, inzwischen scheint auch in der Branche die Luft raus. Der niederbayerische Hersteller Knaus Tabbert setzt nach zwei Gewinnwarnungen und einem Wechsel an der Unternehmensspitze die Produktion vorübergehend aus.
Im Januar war er plötzlich wieder da: Günther Schuh (66) übernahm den E-Transporter-Hersteller Streetscooter aus der Insolvenzmasse des Eigentümers B-On und damit das Projekt, das er ursprünglich gegründet hatte. Der Rettungsversuch für das einstige „Post-Auto“ scheiterte, Schuhs Firma rutschte nun selbst in die Pleite
. Aufgeben will der Professor nicht, eine Produktionsverlagerung von Düren nach Thailand steht im Raum. Schwer zu glauben, dass aus der Geschichte noch ein Schuh wird.
Nach schier endloser Suche hat Volocopter einen neuen Finanzchef gefunden. Oliver Vogelgesang (57)übernimmt beim Flugtaxi-Start-up das wichtige Ressort, das COO Christian Bauer (43)seit mehreren Jahren kommissarisch (wenn man das bei der Zeitspanne so nennen will) mitgeführt hatte. Finanziell steht Volocopter alles andere als rosig da. Für Vogelgesang zumindest keine unbekannte Situation. Der Ex-Airbus-Manager kommt von Lilium. Dort hat man jüngst Insolvenz angemeldet.
Zahl der Woche: 28
manager magazin
Die Zahl der Jobangebote in der deutschen Autoindustrie war zuletzt stark rückläufig
. So weit, so wenig überraschend, wenn man sich die inflationären Nachrichten über Sparprogramme bei Herstellern und Zulieferern vor Augen führt. Laut Index Research hatten Autofirmen im vergangenen Jahr zwischen Januar und Oktober noch gut 122.000 Stellen ausgeschrieben, 2024 waren es im gleichen Zeitraum nur gut 88.000 – ein Minus von 28 Prozent. Weniger gefragt sind aktuell insbesondere Informatiker und Manager, hier sank die Zahl der Offerten jeweils um 44 Prozent. Harte Zeiten, in der jüngeren Vergangenheit kam es aber schon mal noch härter: Von 2019 auf 2020 war der Autojobmarkt auf ohnehin niedrigerem Niveau laut der Auswertung um 40 Prozent eingebrochen.
Deep Drive: Kein Sharing in Scharen
Der Bundesverband Carsharing freut sich: Pro Kopf stünden in den meisten Städten in Deutschland heute mehr Carsharing-Fahrzeuge zur Verfügung als vor zwei Jahren. In Karlsruhe kommen auf 1000 Einwohner 5,35 Sharing-Autos, einsame Spitze vor München (3,37) und Hamburg (3,04). Der große Durchbruch, den manche nun schon seit Jahrzehnten erwarten, bleibt aber weiter aus. In Städten mit mehr als 100.000 Bewohnern liegt die Durchschnittsquote bei 0,76, in mittelgroßen Städten mit 50.000 bis 99.999 Einwohnern nur bei 0,2.
Geisterfahrer der Woche
Raubkatze entlaufen: Bei Jaguar wird 2025 alles anders
Jaguar
Wer als Traditionsautomobilhersteller nicht mehr so recht weiterweiß, stößt bei der Suche nach Ideen offenbar immer häufiger auf die eigene Marke. Audi streicht in China von ersten Modellen die vier Ringe. Jaguar verabschiedet sich künftig gleich global von seinem ikonischen Raubkatzen-Emblem auf den Autos. Ende 2025 wollen die Briten, bei denen man aktuell keine Neuwagen bestellen kann, mit elektrischen Luxusschlitten auch produktseitig zurück in die Zukunft. CEO Rawdon Glover
ist klar: „Wir werden auf dieser Reise Teile unserer Bestandskundschaft verlieren.“ Wenn es mal nicht zu viele werden. Oder sehen wir hier nur einen PR-Stunt? Der erste Clip zur neuen Markenstrategie erzeugt im Netz jedenfalls schon mal jede Menge Buzz. „How to destroy your brand in 30 seconds“ gehört noch zu den freundlicheren Kommentaren.
Kommen Sie gut durch die Woche.
Ihr Christoph Seyerlein
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